Erst im 16. Jahrhundert wurde das Sitzen in aufrechter Position auch für die einfache Bevölkerung zur Selbstverständlichkeit. Bis dahin saß, oder lag man selbst zum Essen auf dem Boden. Anfangs blieb es den Würdenträgern vorbehalten auf einem meist kunstvoll verzierten Holzstuhl zu sitzen. Archäologische Funde belegen zwar, dass schon etwa 5000 vor Christus dreibeinige Schemel angefertigt wurden, doch als Jäger und Sammler hatten die Menschen wenig Verwendung für Sitzmöbel. Einen Holzstuhl während stetiger Ortswechsel mitzunehmen, wäre eine Belastung für die als Nomaden umherziehenden Menschen gewesen.
Ende des 15. Jahrhunderts waren die Menschen längst sesshaft geworden. Man begann, sich das Heim gemütlich einzurichten. Der Werkstoff Holz war leicht zu beschaffen und das einfache Volk begann, es den Adligen gleichzutun, die den Holzstuhl schon lange Zeit als Ruhemöbel nutzten. Die erhöhte Sitzposition auf einem Thron blieb den Adligen und Kirchenoberhäuptern überlassen. Die Bürger saßen auf einfachen, sehr niedrigen Stühlen. Die Beine wurden während des Sitzens auf der simpel konstruierten Sitzgelegenheit lang ausgestreckt, und da selten eine Rückenlehne vorhanden war, lehnte man mit dem Rücken gegen die Wand oder saß aufrecht in mehr oder weniger unbequemer Haltung.
Nach und nach ging man dazu über, den Sitz zu erhöhen. Nun konnte man bequem mit angewinkelten Beinen sitzen. Wer es sich leisten konnte, ließ sich einen Stuhl aus massiver Eiche anfertigen. Reich verziert mit kunstvollen Schnitzereien war der Holzstuhl nach wie vor ein Symbol für Wohlstand. Sitzpolster mit Lederbezug wurden in Adelskreisen eingeführt und da insgesamt mehr Wert auf Bequemlichkeit gelegt wurde, ruhte man gelegentlich auf einem Holzstuhl mit Armlehnen.
Insgesamt sah ein Holzstuhl bis zum 18. Jahrhundert noch recht klobig aus. Dann begann man in England damit, die Rückenlehnen der Holzstühle zu durchbohren. Das Erscheinungsbild der Sitzmöbel wurde dadurch lockerer und leichter. Bekanntester Designer dieser neuen Variante Holzstuhl war Thomas Chippendale. Etwas später begeisterte man sich vor allem in Deutschland für Stühle im Biedermeierstil, die sich durch dicke Sitzpolster auszeichneten. Auf gepolsterte Rückenlehnen wurde kein Wert gelegt, denn noch wurde die steife gerade Sitzhaltung bevorzugt.
Mit zunehmender Industrialisierung wurde auch der Holzstuhl mehr und mehr zum Massenprodukt. Möglich wurde das durch die neuartige Produktion des Bugholzes, entwickelt von dem aus dem Rheinland stammenden Tischlermeister Michael Thonet. Nach jahrelangem Tüfteln gelang es ihm, in Leim gekochtes Buchenholz biegbar zu machen. Da er mittlerweile in Wien ansässig war, avancierte sein Holzstuhl mit der Typenbezeichnung No.14 bald zur Grundausstattung in Wiener Kaffeehäuser. Mehr als 50 Millionen mal wurde dieser Stuhl gebaut, doch bis heute gehören Stühle aus massivem Holz, in Handarbeit gefertigt, zur stilvollen Wohnungseinrichtung.